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Professionelle Textilpflege wichtiger Schlüssel für Textilhygiene

Die Pandemie hat weltweit ein ganz neues Bewusstsein für das Thema Hygiene geschaffen, das in vielen Branchen zum Innovationstreiber geworden ist. Im Vorfeld der Texcare International spricht Dr. Timo Hammer über die Bedeutung des Themas für die professionelle Textilpflege. Dr. Hammer ist sowohl Geschäftsführer der Hohenstein Laboratories als auch der Gütegemeinschaft sachgemäße Wäschepflege, die das RAL-Gütezeichen 992 vergibt.

Dr. Timo Hammer, Geschäftsführer der Hohenstein Laboratories und der Gütegemeinschaft sachgemäße Wäschepflege
Dr. Timo Hammer, Geschäftsführer Hohenstein Laboratories, Quelle: Hohenstein Laboratories

In Ihrer täglichen Arbeit prüfen Sie Textilpflege-Betriebe auf Hygiene. Was hat sich seit Beginn der Corona-Pandemie geändert?

Dr. Timo Hammer: „Am Anfang der Pandemie kamen viele Wäschereien auf uns zu und haben unglaublich viele praktische Fragen gestellt. Zum Beispiel, wie schütze ich meine Mitarbeiter, wenn mit Corona infizierte Wäsche angeliefert wird oder wie organisiere ich es, dass mein Fahrer trotz Ausgangssperre Wäsche ausliefern darf. Wenn früher Hygiene „nice to have“ war, ist sie heute Grundvoraussetzung, auch um die eigenen Mitarbeiter zu schützen. Hygiene ist ein Konzept, Mitarbeiter müssen Hygiene verstehen – und zwar im Kopf. Da unterstützen wir permanent mit Schulungen. Im Gegenzug können die Betriebe auch die Fragen ihrer Kunden, der Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, fachgerecht beantworten.“

Die Pandemie hat das Thema Textilhygiene in den Fokus gestellt. Wie sehen die Wachstumschancen hierfür weltweit aus?

Dr. Timo Hammer: „Enorm. Das fängt jetzt erst richtig an. Das hängt mit dem massiv wachsenden Bewusstsein für Hygiene zusammen. Die gesamte Weltbevölkerung beschäftigt sich gerade mit diesem Thema. In Urlaubsregionen beispielsweise fragen die Endkunden die Hotels, wie sieht euer Hygienemanagement aus und wie wird die Wäsche behandelt. Im Gegenzug verlangen die Hotels von ihren Wäschereien ein Hygienezertifikat.“

Textilhygiene ist das A und O im Gesundheitswesen. Welche Vorteile haben Ihrer Meinung nach wiederverwertbare Textilien im Gegensatz zu Einwegartikeln?

Dr. Timo Hammer: „Auf den ersten Blick sind Einwegprodukte häufig günstiger, vergleicht man aber die Kosten über den gesamten Nutzungszeitraum „Total Cost of Ownership“ stehen Mehrwegartikel besser da. Auch die Barrierefunktion und Schutzwirkung von Mehrweg-OP-Bekleidung übertrifft Einwegprodukte deutlich. Dazu wurde 2020 eine Studie von MCQuerry im American Journal of Infection Control veröffentlicht.

Für Mehrwegartikel spricht neben dem Preis natürlich die Nachhaltigkeit. Viele Betriebe des Gesundheitswesens lassen sich heute als nachhaltig zertifizieren und dabei spielen Textilien eine wichtige Rolle. Außerdem ist der Tragekomfort von Mehrwegkleidung höher und sie kann in Passform und Größe auf den Kunden angepasst werden.“

Wie sehen Sie den Trend zu Mehrweg in Zukunft?

Dr. Timo Hammer: „Wenn der Trend zu Mehrweg anhalten soll, müssen die Wäschereien ein Qualitätsmanagement haben, das den Werterhalt bei desinfizierender Behandlung sichert. Auch die Waschmittelhersteller wissen das und entwickeln hier Produkte, die sowohl zu Hygiene als auch Langlebigkeit beitragen.“

Welche Rolle spielt die Digitalisierung, um ein lückenloses Hygienemanagement von der Wäscherei zum Kunden zu gewährleisten? Welche Potenziale sehen Sie hier für die Zukunft?

Dr. Timo Hammer: „Ja, das ist tatsächlich ein wichtiger Punkt und da tut sich gerade wahnsinnig viel. In den Wäschereien zielte die Digitalisierung in den letzten Jahren vor allem auf die Teilerückverfolgung mit Hilfe von RFID-Chips. Hier macht es Sinn die Daten aus dem Hygienemanagement zu verknüpfen und damit die Transparenz der Hygienekette zu digitalisieren. Im Bereich des digitalen, lückenlosen Hygienemanagements auf Datenebene erwarte ich viele Innovationen. Um jedoch auf mikrobiologischer Seite eine Keimfreiheit nachzuweisen, braucht es nach wie vor den Abklatschtest oder das Waschen von kontaminierten Proben. Allerdings lassen sich Daten aus den nach dem HACCP-Konzept entwickelten Kontrollpunkten, an denen mikrobiologisch überprüft wird, in ein digitales Gesamtkonzept integrieren. Das erhöht die Schnelligkeit der Reaktion und der Kunde kann in Echtzeit Informationen erhalten.“

Ist die Pandemie zum Innovationstreiber im Bereich Hygiene geworden? In welchen Bereichen gab es besonders herausragende Innovationen?

Dr. Timo Hammer: „Im Bereich der antiviralen Textilien gab es in letzter Zeit viele gute Neuheiten. Wo früher eine Nische war, sprießen jetzt Innovationen aus dem Boden. Wenn antivirale Substanzen wie beispielsweise Kupfer in die Faser integriert sind, ist die Wirkung in der Regel dauerhaft. Es ist wichtig zu prüfen, ob die Beschichtung zur Anwendung passt. Wenn die antivirale Wirkung z. B. nur bei Feuchtigkeit funktioniert, darf das Textil nicht hauptsächlich in trockenen Umgebungen eingesetzt werden.

Da Hygiene heute in allen Lebensbereichen von zentraler Bedeutung ist, gehört Hygiene-Monitoring zu den Innovationstreibern. Hier punkten einfache Systeme, die auch von Laien angewendet werden können, wie zum Beispiel die Hohenstein HyMo-Box.“

Welchen Beitrag kann die Texcare International leisten, um noch mehr Bewusstsein für das Thema Textilhygiene zu schaffen?

Dr. Timo Hammer: „Ich finde es gut, dass im Vorfeld und auf der Texcare International das Thema Hygiene in das Spotlight gerückt wird und es dazu auf der Messe Vorträge und Foren geben wird. Niemand wird die Texcare besuchen, für den das Thema Textilhygiene keine Rolle spielt. Bei Hygiene denken viele zuerst an Gebäudereinigung, Händehygiene oder Antibiotikamanagement, aber nicht an die Textilien. Schön wäre es, wenn die Texcare International der Welt zeigen könnte, welcher Schlüssel die professionelle Textilpflege für die Bekämpfung der Pandemie und die Unterbrechung von Infektionsketten ist.“