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Digitale Daten

Durch die Wäscherei bis zum Kunden? Branchenspezialisten zeigen die Möglichkeiten des Wäschetrackings auf.

19.05.2025

Textile Dienstleistungsunternehmen müssen über den Aufenthalt ihrer Wäsche Bescheid wissen. Dafür gibt es verschiedene Konzepte, die stets auf einem Kernelement beruhen: Digitalen Daten.

Lesedauer: 3 Minuten

Impulse aus der Praxis

Das Kapital der Textilservice-Branche steckt nicht nur im Betrieb selbst, sondern auch in den Textilien. Doch während Gebäude und Technik immobil sind, drehen Bettbezüge, Arbeitsjacken und Dienstkleidung ihre Runden im Betrieb oder beim Kunden bzw. warten im Lager auf ihren nächsten Einsatz. Bei so viel Bewegung kann man schnell den Überblick verlieren. Die Nachverfolgung, wo sich welche Mengen an Ware befinden, ist in einem Betrieb daher wesentlich: Ein vollständiger Überblick bildet die Basis für die Nachkalkulation und Wirtschaftlichkeitsermittlung, das Kundenmanagement, den Einkauf usw. 

Bei der Ermittlung des Aufenthalts aller Textilien gibt es verschiedene Konzepte. Obwohl sie zum Teil sehr unterschiedlich sind, haben sie eine gemeinsame Basis: Sie ordnen der Wäsche eine digitale Kennzeichnung zu, die mit jedem Arbeitsschritt „mitläuft“, jederzeit abgerufen und zudem Auskunft über die relevanten Bearbeitungsdetails geben kann. Dieses Warentracking funktioniert allerdings nicht von selbst: Ohne Datenaustausch und –weitergabe ist das System “doof”.

Wie gelingt ein optimaler Datenfluss in einer Wäscherei? 

Matthias Schäfer, Kannegiesser (Vlotho): Daten sind in einer Wäscherei unverzichtbar. Ein Unternehmen sollte sich jedoch stets fragen, welchen Nutzen die Informationen dem Betrieb bringen sollen und wo eine Digitalisierung zur Steigerung der Effizienz, zur Erleichterung, Unterstützung und Kontrolle der Prozesse beitragen kann. Nach unserer Erfahrung ist eine einzelstückbezogene Erfassung zur Steuerung der Wäschereiprozesse mit einigem Aufwand verbunden, zumal die Daten üblicherweise erst im Warenausgang für die personen- oder kundenbezogene Sortierung der Artikel benötigt werden. Bis dahin kann die Wäsche in einem eindeutig gekennzeichneten Posten durch den Wäschereibetrieb geschleust werden. Dazu geben wir ihm zum Beispiel bereits am Sortierstand eine eindeutige Identifikation (ID) mit, die jedem Posten wie ein Etikett anhängt und mit jedem folgenden Bearbeitungsschritt weitergeleitet wird. Diese ID erlaubt es uns, alle Prozesse des Postens ohne nähere Informationen über ein einzelnes Textil nachzuverfolgen. Bei Kannegiesser sind hierfür alle Maschinen derart verknüpft, dass sie diese Informationen miteinander kommunizieren können. Zur Weitergabe von Daten durch unterschiedliche Systeme stehen Schnittstellen zur Verfügung, die eine schnelle und unkomplizierte Anbindung und einen reibungslosen Informationstausch ermöglichen. Die besondere Herausforderung und der Schlüssel zur Digitalisierung der Wäscherei besteht also in der Kommunikation aller Maschinen untereinander.    

„Ein Unternehmen sollte sich stets fragen, welchen Nutzen die Informationen dem Betrieb bringen sollen.“

Matthias Schäfer

Dem Einzelstück auf der Fährte

Anstelle einer postenbezogenen Warenverfolgung können in einer Wäscherei auch Einzelteile auf ihrem Weg durch die Instanzen begleitet werden – und zwar mit Hilfe der RFID-Technologie. Hierbei arbeiten Transponder und Lesegeräte zusammen. Das Prinzip dürfte vielen aus der Diebstahlsicherung im Einzelhandel bekannt sein. Auf Textilien aufgebrachte Transponder tauschen mit dem Lesegerät Informationen aus, wenn sie in dessen Lesefeld gelangen. Doch während im Handel der Alarm loskreischt, sobald der Transponder in Reichweite der Schranke kommt, wird das Konzept in der Textilpflegebranche zum geräuschlosen, rasanten Datentransfer genutzt. Der Informationsfluss kann, wie bei der Diebstahlsicherung, auf kurze Distanz stattfinden, aber auch in einer Entfernung von bis zu 7.000 cm. Im erstgenannten Fall arbeitet das System aus Empfangs-Antwort-Gerät (Transponder) und Reader im Hochfrequenz-Bereich (HF), beim “Long-Distance-Tracking" auf einer Ultrahochfrequenz (UHF). Aufgrund der unterschiedlichen Reichweiten der beiden Systeme haben sie sich in eigenen Einsatzgebieten etabliert. Die RFID-HF-Technologie ist bei der Nachverfolgung von personenbezogener Berufs- und Schutzkleidung im Gebrauch. Die inzwischen weit verbreitete UHF-Methodik nutzt man u.a. für Wäsche und Bekleidung aus einem Wäschepool. Deren Möglichkeiten wird aber auch für die Steuerung und Kontrolle der Warenaus- und -rückgabe bei Wäschereikunden eingesetzt. 

Wie viel Transparenz ermöglicht die RFID-Technologie in einem Wäschereibetrieb und darüber hinaus?

Martin Hartwigsen, Business Development Manager bei Deister Electronics, Barsinghausen: UHF-RFID-Systeme ermöglichen das Tracking von Dienst- und Arbeitskleidung vom Waschbetrieb bis zur Wäscheaus- und -rückgabe in Krankenhäusern, Altenheimen, Reinräumen, der Lebensmittelverarbeitung und anderen Industriezweigen. Da jedes Textil mit einem eindeutig identifizierbaren Transponder versehen ist, lässt es sich über sogenannte Gates oder durch Einzelteilreader detektieren. In der Wäscherei empfehlen wir, Einzelteil-Reader an verschiedenen Positionen zur Erfassung der Ware einzusetzen. Deren strategisch sinnvolle Platzierung erlaubt die umfassende Nachverfolgung der Wäsche durch den Betrieb. Durch Installation eines Lesegeräts am Sortierschacht lässt sich zudem die Wareneingangskontrolle zur Erfassung der vom Mietkunden zurückgegebene Warenmenge automatisieren.

RFID-Gates wiederum haben eine große Lesereichweite und erfassen große Mengen von Wäsche. Sie sind daher ein ideales Tool für die Wäscheausgabe bei einen Mietservice-Kunden. Die Gates buchen die angelieferten Textilien einem Schrank oder Entnahmeraum zu. Die Mitarbeiter erhalten über eine ID-Karte oder eine Drehschleuse Zugang und entnehmen ihren Tagesbedarf an Wäsche. Durch ein reibungsloses Zusammenspiel von Transpondern, Lese-Schreibeinheit und Software wird die von autorisierten Personen entnommenen und zurückgegebenen Wäschemenge erfasst. Bei Überschreitung ihres Kontingents wird der Zugang gesperrt und oder eine Meldung an die Teamleitung versendet. Dadurch wird der Kleidungstausch in hygienesensiblen Berufen deutlich verbessert und das in der Gesundheitsbrache allseits bekannte Bunkern von Dienstkleidung nimmt ab.

„In der Wäscherei empfehlen wir, Einzelteil-Reader an verschiedenen Positionen zur Erfassung der Ware einzusetzen.“

Martin Hartwigsen
Sabine Anton-Katzenbach

Sabine Anton-Katzenbach

Diplom-Textilingenieurin und freie Journalistin

Sabine Anton-Katzenbach begleitet die Textilpflege-Branche seit drei Jahrzehnten und berichtet über deren unterschiedliche Facetten.