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Mikrofaser

Mikroplastik oder Mikrofasern: ähnliche Begriffe, abweichende Bedeutung, Erklärungsbedarfe

25.08.2025

Die Begriffe Mikrofasern und Mikroplastik dürfen nicht gleichgesetzt werden: Funktionale Fasern, etwa für Putztücher oder Arbeitskleidung, müssen sprachlich klar von umweltschädlichen Kunststoffeinträgen abgegrenzt werden.

Lesedauer: 4 Minuten

Mikroplastik

Mikroplastik in der Umwelt gilt als eine der großen Herausforderungen und die potenziellen Gefahren und Risiken für das Ökosystem, insbesondere für Gewässer, Tierwelt und Menschen, sowie die unterschiedlichen Eintragungswege sind Gegenstand von Forschung und erzeugen ein breites gesellschaftliches Interesse. Entsprechend hoch ist die mediale Aufmerksamkeit und auch die Politik beschäftigt sich mit Mikroplastik und bringt neue Gesetze, auch auf EU-Ebene auf den Weg. Mikrofasern dagegen werden bewusst hergestellt für definierte Funktionen, wie zum Beispiel eine erhöhte Aufnahmekapazität für Flüssigkeiten oder schnelles Trocknen an der Luft. Sie sind daher besonders in der Herstellung von Outdoorbekleidung, Reinigungstüchern/Putzlappen und für medizinische Textilien ein hochrelevanter Faserstoff. Trotzdem gelingt es nicht, die Begriffe in Veröffentlichungen und Medienbeiträgen eindeutig zu trennen.

Nach den Ergebnissen aus einer Meta-Studie der EU-Kommission aus dem Jahr 2023 schwankt die Menge von in die Umwelt eingebrachtem Mikroplastik durch Textilien zwischen 1.649 bis zu 61.0789 Tonnen/Jahr. Die deutlich abweichenden Werte zeigen den Bedarf standardisierte Lösungen und Normen zu entwickeln, um die Austragsmenge reproduzierbar detektieren und vergleichen zu können. Auch muss der Begriff Mikroplastik im Zusammenhang mit Textilien klar definiert werden. In einzelnen Studien und Veröffentlichungen wird von Mikrofaser gesprochen und Mikroplastik ist gemeint oder Mikrofaser wird direkt als Synonym für Mikroplastik verwendet. In der Folge entstehen Begriffsverwirrungen und Unsicherheiten bei Kunden, die Produkte aus Mikrofasern verwenden.

REM-Aufnahme der Fasern eines Mikrofaser Putztuchs aus 88% Polyester und 12% Polyamid (400fache-Vergrößerung)

Mikrofasern werden in der Chemiefaserindustrie als eigene Gruppierung angesehen und definieren sich über eine Feinheit zwischen 0,3 dtex und 1,0 dtex und sind daher feiner als natürliche Fasern. Sie werden hergestellt aus allen wichtigen Faserrohstoffen, dazu gehören beispielsweise bei den synthetischen Polymeren vorwiegend Polyester (PES), Polyamid (PA) und Polyacrylnitril (PAN) und bei den natürlichen Polymeren Viskose (CV) und Modal (CMD). Durch die Feinheit der Fasern können Garne aus Mikrofasern drei- bis viermal so viele Filamentfäden bei gleicher Garnstärke enthalten und zu dichten, leichten Geweben verarbeitet werden. Für die Anwendungen im Bereich Reinigungstüchern/Putzlappen und medizinische Textilien sind die Merkmale der Schrumpfechtheit, die hypoallergenen und antistatische Eigenschaften, sowie eine gute Absorptionsfähigkeit wichtig. Diese Marktbedarfe lassen sich nicht durch andere Chemiefasergruppen abbilden.

Will man die Chemiefasergruppe im Textilservice weiter erfolgreich vermarkten und reinigen wird es wichtig, der Doppelnutzung oder der synonymen Nutzung der Begriffe Mikroplastik und Mikrofaser zu begegnen.

Dabei stellt sich die Frage nach der exakten Definition von Mikroplastik im Zusammenhang mit Textilien. Kann eine Abgrenzung über Definitionen eine Unterscheidung zwischen den Begriffen ermöglichen? Mikroplastik kann bereits bei der Faserproduktion für die Textilindustrie, in der Textilindustrie selbst und in der Nutzungsphase und damit auch in Reinigungsprozessen entstehen. Ein Großteil der in Gewässern gefundenen Mikroplastik-Fasern besteht aus Polyester, stellte das Forschungsprojekt Textile Mission (2022 im Rahmen von „Plastik in der Umwelt“) fest, eine eindeutige Reduktion auf Mikrofasern gibt es nicht. Zur Fragmentierung und Freisetzung tragen mechanische Beanspruchungen, Abrieb und Verschleiß bei. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) definiert Mikroplastik als „nicht biologisch abbaubare, wasserunlösliche, feste Plastikpartikel, die kleiner als 5mm sind“ (UNEP 2015). Zu den als Mikroplastik bezeichneten Partikeln gehören auch aus Textilien emittierte Fasern. Es wird schnell ersichtlich, dass der definitorische Rahmen für Fasern so nicht funktioniert. Die Faserlänge kann die 5 mm überschreiten, der Faserdurchmesser kann aber deutlich kleiner sein. Faserförmiges Mikroplastik ist nicht immer textilbasiert, es kann z.B. aus anderen Quellen durch Abschälen zu langen Fragmenten kommen (Kunststoff in der Umwelt - ein Kompendium 2022). Auch natürliche Fasern, die einer mechanischen oder chemischen Behandlung aus ihrem unverarbeiteten Rohzustand unterzogen wurden, können Mikroplastik textilen Ursprungs emittieren (Fashion for Good & The Microfibre Consortium 2025). Für faserförmiges Mikroplastik gibt es noch keine abschließende Definition.

Klar wird aber, dass nicht jegliches detektiertes Mikroplastik textilen Ursprungs ausschließlich aus Mikrofasern besteht.

Damit ist eine synonyme Verwendung der Begriffe nichtzutreffend und es bleibt wichtig, die Begriffe bewusst zu verwenden und insbesondere Kund*Innen und Abnehmer*Innen mitzunehmen in diesen komplexen Themenfeldern. Die Verwendung eines eigenständigen Begriffs, wie Mikroplastik textilen Ursprungs oder faserförmiges Mikroplastik, sollte zukünftig angestrebt werden. Durch die Etablierung eines eigenständigen Begriffs ist eine terminologische Abgrenzung zu Mikrofaser möglich und auch umsetzbar.

Prof. Monika Fuchs

Prof. Monika Fuchs

Bis April 2025 HTW Berlin, jetzt im Ruhestand

Simone Syhre

Simone Syhre

Wissenschaftliche Mitarbeiterin, HTW Berlin

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